Intercomic

Heute waren wir das erste Mal bei der Intercomic, internationalen Comicmesse in Köln. Es war ganz spannend für uns, weil wir beide zwar wenige Comics kennen, aber nicht wirklich die nötigen Kenntnisse haben. Bei einer Comicmesse sollte man Fragen stellen, wir haben nur am Anfang einen Händler nach Art Spiegelmans Heften gefragt und direkt meinte er: „Klar, kommen Sie etwas später.“ So sind wir erst durch die Halle gewandert, die nicht so groß ist, aber ganz ganz viel Inhalt in sich hat. Ein Comickenner wird auf jeden Fall hier

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fündig, vor allem wenn man versteht, welche Schätze hinter den Ständen versteckt sind. Mit Art Spiegelman hatten wir Glück und haben die erste deutsche Ausgabe von „Breakdowns“ ergattert. Es war nicht alles, da wir noch einen Comiczeichner kennen lernen durften, der eine Kopie der Zeichnung seiner neuen Figur nicht nur signiert, sondern auch mit einer kleinen Originalzeichnung versehen hat. Noch darf ich Sie nicht veröffentlichen, aber ich hoffe bald. Der Künstler heißt Andree Schneider und ich weiß auch schon den Namen des Heftes, das bestimmt voller Phantasie und Spannung sein wird. Wir bleiben gespannt und warten auf Fortsetzung.

Ulf K. Der Künstler mit Herz

Die Ludwiggalerie in Oberhausen zeigt die erste Einzelausstellung des Künstlers Ulf K., den Poeten unter den Comic-Zeichnern. Ulf K. (2004 als bester deutschsprachiger Comic-Zeichner ausgezeichnet) hat selbst bei der enormen Auswahl seiner Werke mitgewirkt. Ulf K. wählt exakte geometrische Formen für seine wunderbaren Figuren, die mit einem der beiden Ausstellungräume ein besonderes Zusammenspiel ergeben. Es sind die ungewöhnlichen Formen der Wände des Raumes, die rund wie auch eckig die Zeichnungen Ulf K.s umrahmen. Ulf K. arbeitet genau und nutzt die Farbe wie die Tusche zur Betonung der unterschiedlichsten Stimmungen der Akteure, die in ihrer Welt voller Überraschungen, aber auch Ängste leben.

Im „Besuch von Freunden“ (2012) stellt Ulf K. sich selbst als „den kleinen Clown“ (2002), „Akkuratus“ oder „Philosophisch“(2008) usw. Er lächelt und dieses Lächeln findet sich in jedem Werk dieses gutherzigen Menschen. Er bildet seine Welt ab, die seine Kindheitserlebnisse („Seemonster“ von 2002), selbst als Vater („Nester“ von 2004) oder als „Mondgucker“ (1995) wiederspiegelt.

Dieses Lächeln begleitet uns in die Atmosphäre der Ludwigsgalerie, diese lässt es einem warm ums Herz werden. Ulf K. ist 1969 in Oberhausen geboren und die Stadt erkennt man in seinen Werken immer wieder, die Häuser, die Natur und die Menschen.

„Das Leben des Träumers. Wunsch“ von 2001 trägt auch autobiographische Züge, da der Träumer in seine Stadt zurückkommt. Auch Ulf K. kehrte in seine Stadt nach eines Paris-Aufenthaltes zurück. „Der kleine Clown“ sitzt auf einem Mond und blickt auf die Stadt, es ist zwar seine Stadt, aber nimmt sie ihn wieder auf?

Die Figuren Ulf K.s sind von der Kontur aus definiert, aber sie stellen Fragen. Manchmal kann man ihre Unsicherheit und Angst fast spüren, aber auch ihre Freude und Wärme.

Die Ausstellung hat mir einen weiteren Blick auf die Comic-Zeichnung ermöglicht. Ulf K. ist der Poet unter den Comic-Zeichnern, aber warum?

Weil er die offene, warme Welt zur Schau stellt, die ihn vervollständigt. Er scheint ein Künstler zu sein, der sich in vollkommener Harmonie mit seiner Umgebung, seinen Mitmenschen und seinen Figuren befindet. Die Figuren, die aus definierten geometrischen Formen entstehen, leben auf den Blättern und erörtern ihre Wünsche, die manchmal unerfüllt bleiben. Es ist das Herz des Künstlers, das in jeder Figur, in jeder Geschichte „auf der Oberfläche der Erde“ erscheint. Der Mond, die Umgebung, die Erde, was ist das Entscheidende? Vielleicht die Sicherheit, die immer wieder hinterfragt wird.

Wir sind auf der Suche nach unserem Glück und fühlen oft die Leere, weil uns trotz der glücklichen Momente etwas oder jemand fehlt. Diese Suche treibt uns voran, lässt uns aber auch nicht in Ruhe.

Diese Suche nach sich selbst, die nicht nur die fröhlichen Gedanken über die Familie oder Freunde beinhaltet, stellt auch die Frage nach dem Tod. Die Ausstellung ist thematisch gegliedert und auch das Thema Tod nimmt an einer Wand Platz ein.

Es ist das Ernste und das Lustige, das Ironische und das Traurige, das Ulf K. auch mit Art Spiegelman verbindet. Sie sind beide Comic-Zeichner, arbeiten sehr genau und lieben Details, aber man sollte sie vielleicht nicht mit einander vergleichen.

Andreas Platthaus bittet Ulf K. die Ausstellungskritik zu der Ausstellung im Museum Ludwig „Art Spiegelman: CO-MIX“ zu zeichnen. Es entsteht eine kurze Geschichte, die auch den Künstler Ulf K. von seiner ironischen Seite wiedergibt.

Ulf K. ist vielleicht ein Träumer, der aber seine Traumwelt realisiert und verbildlicht. Es ist die besonders einladende Art dieser Zeichnungen, aus welchen das Leben sprüht, die uns in eine andere Traumwelt entführen.

Fotos von Micaella Cervinscaia

Art Spiegelman – der leidenschaftliche Comiczeichner

Vor ungefähr zwei Jahren habe ich das Werk Maus von Art Spiegelman gelesen, ich war von der Menge an Emotionen, die der Künstler im Buch wiedergeben konnte, fasziniert. Mich überwältigte aber auch das Gefühl der Leere, die man empfindet, wenn etwas so unglaublich Berührendes in deine Hände gerät, dass du nichts mehr anfangen kannst. Du bist für eine Zeit nicht aufnahmefähig.

Am 20. September bin ich mitten ins Gespräch Art Spiegelmans mit Andreas Platthaus im Museum Ludwig geraten, geraten ist das falsche Wort, aber durch die Masse an Menschen, die vor mir saßen und standen, hatte ich Schwierigkeiten zuzuhören. Art Spiegelman ist anscheinend wirklich berühmt, habe ich aus der Menge herausgehört, aber ist das wichtig?

Ist Erfolg das, was Art Spiegelman als bedeutend empfindet? Ist es eher das Schicksal, oder doch Mühe und Liebe zu seinem eigenen Werk, die ihn in die Situation geführt haben, im Museum Ludwig Fragen von Andreas Platthaus zu beantworten?

Ich denke, dass Art Spiegelman einfach ein Mensch ist, der das Glück hatte, nie seine Leidenschaft zur Comiczeichnung unterbrechen zu müssen. Er konnte sein ganzes Leben lang das zeichnen, was er mochte, Comicfiguren, die immer wieder etwas von ihm selbst wiederspiegeln. Er verarbeitet sein Leben in den Zeichnungen, die ihm dabei helfen, wieder zu sich zu finden.

Im Museum Ludwig wird die Ausstellung CO-MIX: Art Spiegelman. Eine Retroperspektive von Comics, Zeichnungen und übrigem Gekritzel bis zum 6. Januar gezeigt. Sie eröffnet den Weg zum Künstler und seinem Werk und vielleicht den Blick auf die Comiczeichnung auch für die Besucher, die nicht unbedingt offen für diese „andere“ Kunst sind.

Art Spiegelman hat die wahre Geschichte des Lebens seines Vaters in einem Comicheft erzählt und damit vielleicht die Welt verändert. Aber es scheint auch der richtige Moment gewesen zu sein, an dieser Geschichte auch andere teilhaben zu lassen. Dieses Werk reist mit dem Künstler um die Welt. Es ist ein Stück von ihm, das jeder in der einen oder anderen Weise immer mit sich trägt, da wir alle Kinder unserer Eltern sind, die alle immer ein Teil von uns bleiben.

Sein Vater konnte den Erfolg seines Sohnes nicht miterleben, aber er hat ihn auch nie daran gehindert, Künstler zu sein. Art Spiegelman konnte seinen Weg gehen, und seine Eltern waren diejenigen, die ihm die Leidenschaft nicht nehmen wollten. Sie konnten ihn vielleicht nicht verstehen, aber sie haben ihn machen lassen, was er wollte.

In der Ausstellung kann man genau diesen Weg mitverfolgen, von den Zeichnungen, die er anfangs mit seiner Mutter gekritzelt hat, über das RAW-Magazine (die Zusammenarbeit mit seiner Frau), Maus (die Verarbeitung der Erlebnisse des Vaters in Auschwitz) und Breakdowns (das Selbstportrait des Künstlers) bis hin zu Im Schatten keiner Türme (die Erfahrung des 11. Septembers). Außerdem ist der Film von Clara Kuperberg und Joëlle Oosterlick (ARTE 2009) über den Künstler am Anfang/Ende der Ausstellung sehenswert.

Seine Mutter war diejenige, die mit ihm zusammen Kritzeleien anfertigte. Ihren Selbstmord verarbeitete Spiegelman eher expressionistisch, im Film sagt er, dass er ein gewisses Maß an Unruhe für erfolgreiches Arbeiten benötigt. Auch in seinem berühmten Werk Maus versucht er die Beziehung zu seinem Vater zu verbildlichen, indem die beiden über das Grauen sprechen, reden sie miteinander und führen eine echte Vater-Sohn-Beziehung. Obwohl der Vater früher das Thema immer verweigerte, spricht er mit seinem mittlerweile erwachsenen Sohn über alle Einzelheiten.

Die Tatsache, dass die Maus ihn immer weiter in seinem Leben verfolgt, verinnerlicht Art Spiegelman in seinem Portrait Selbstportrait mit Maus Maske (1989), auch lehnt er die Verfilmung der Maus ab.

Durch die Offenlegung seiner eigenen Geschichte, der Geschichte seiner Eltern und anderen Einzelheiten, die Spiegelman in der einen oder anderen Weise betreffen, hat Spiegelman das Neue im Medium Comic erreichen können, das Ernste, das Tiefgründige in den Comiczeichnungen, die das Reale darstellen.

Es sind verschiedene Themen, die Art Spiegelman bewegen. Seine Werke sind teilweise provokativ, teilweise programmatisch. Es sind Zeichnungen wie Die wilde Party (1994), die auch meinen Blick wegen ihrer zarten Ästhetik aufhalten. Sie könnte im Dunkeln des Themas vielleicht an ihrer Kraft verlieren, aber die geniale Technik, die mehrfache Anfertigung des Künstlers sind auch in diesen Arbeiten sichtbar.

Hinter jedem großen Künstler steht auch jemand, der ihn in allem unterstützt und vielleicht auch fordert. Im Fall Art Spiegelmans ist es seine Frau, die stark an seiner Seite steht und ihn immer wieder zu sich finden lässt, ob im RAW-Magazine oder im New-Yorker oder bei der Ausstellungseröffnung, sie ist die Frau, die im Werk Maus den entscheidenden Satz „Du musst nur ehrlich bleiben, Liebling.“ ausspricht.